Nach 3 Monaten verlassen wir die Türkei und haben tatsächlich beide ein kleines Tränchen im Auge als wir an der Grenze stehen. Doch gleichzeitig freuen wir uns sehr auf das neue Land.
Wir sind ehrlich, nach dem Traumland an Gastfreundschaft ist Georgien erstmal wie ein Strahl kaltes Wasser mitten ins Gesicht. Gelächelt wird hier eher selten, entsprechend ruppig ist der Ton und wer im Weg steht wird einfach beiseite geschoben. Einzig das endlich wieder günstige Bier versüßt uns unseren ersten Abend im neuen Land.
Wir haben erstmal Schwierigkeiten, uns hier einzufinden, wissen die Georgier nicht richtig zu nehmen. Also entscheiden wir ein paar Tage am Strand zu verbringen und treffen auf dem Weg dorthin auf Nana. Sie sammelt uns am Straßenrand ein, obwohl wir gar nicht den Daumen raushalten. Nana betreibt das Hotel „Saba“ am Strand und lebt in den Wintermonaten in Hamburg, deshalb spricht sie auch deutsch. Sie zeigt uns einen wunderbaren Platz am Strand und bietet uns direkt an, in ihrem 50m entfernten Hotel das Wlan nutzen zu dürfen und unsere Geräte aufzuladen. Erst am nächsten Tag zeigt sich so richtig, was wir hier eigentlich für einen georgischen Engel gefunden haben. Denn es zieht ein heftiges Unwetter auf und wir sind froh, uns erstmal in Nanas offenes Hotelrestaurant verziehen zu können.
Und dann passiert etwas, was uns vor noch nicht allzu langer Zeit vermutlich zum totalen Ausflippen gebracht hätte. Ich gehe kurz vor zum Strand um etwas aus dem Zelt zu holen und finde unser Zuhause mit Totalschaden vor! Durch vermutlich zu viel Wasser ist die komplette Naht des Außenzelts gerissen und ich sehe auf den ersten Blick, dass da nichts mehr zu retten ist. Daniel denkt noch, ich mache einen Scherz als ich zurückkomme… Ich bin immer noch überrascht, wie ruhig wir beide in der Situation reagiert haben. Zum Glück haben wir Nana, also ist klar, dass wir erstmal die nass gewordenen Schlafsäcke etc. aus dem was vom Zelt übrig ist holen und mit Sack und Pack zurück zu Nana laufen. Wir können das Restaurant zum Sachen trocknen in Beschlag nehmen, zum Glück für uns hat sie gerade kaum Gäste. Was sind wir froh, dass uns so etwas nicht mitten im Nirgendwo passiert ist!
Wir recherchieren wie wir nun schnell an ein neues Heim kommen und finden tatsächlich einen Shop in der Nähe, der sogar liefert! Nana ruft für uns dort an und regelt, dass wir schon am nächsten Tag ein neues Zelt zum Hotel geliefert bekommen. Für die Nacht bietet sie uns an, auf den Couchen im Restaurant schlafen zu dürfen. Unglaublich, was wir für ein Glück im Unglück haben.
Daniel entschließt sich spontan einen kleinen Spendenaufruf zu starten, wir erwarten zunächst einmal nichts. Und sind dann dermaßen überwältigt von eurer Hilfsbereitschaft, dass wir es kaum fassen können! So viele liebe Menschen wollen uns auf unserer Reise unterstützen, einfach der Wahnsinn.
Tatsächlich kommt am nächsten Tag wie vereinbart unser neues Zelt per Motorrad aus Batumi geliefert. Dank eurer Spenden reißt uns das kein größeres Loch in unsere Reisekasse!
Der Sturm geht vorüber und wir leben uns so richtig am Strand ein. Die zahlreichen Straßenhunde bekommen Namen und hören sogar teilweise schon darauf.
Nach einer Woche stehen plötzlich Marie und Asad vor uns, ihr erinnert euch vielleicht, die beiden Radreisenden hatten wir in der Türkei kennengelernt. Die beiden wollen eigentlich nur eine Nacht bleiben, verlieben sich aber auch in das Plätzchen und bleiben schließlich bis auf Weiteres :-). Wir genießen die Zeit mit den beiden sehr und sind dankbar für diese tolle Reisefreundschaft (hier geht’s zu ihrem Instagramaccount freiradeln).
Unsere deutsche Enklave vergrößert sich und wird zwischenzeitlich um Hans und Christina ergänzt, die mit einem umgebauten UPS-Wagen unterwegs sind.
Und um Tobi und Andrea, die mit ihrem Oldtimer-Wohnmobil „Rosi“ unterwegs sind und auf der Reise Sohn Oscar, mittlerweile 8 Monate, bekommen haben. Ein Wahnsinnsbeispiel dafür, dass alles irgendwie möglich ist, wenn man möchte (hier geht’s zu ihrem Instagramaccount rosiontour1981).
Nach 2,5 Wochen nehmen wir schweren Herzens Abschied von unserer kleinen wundervollen Strandblase. Die Zeit hier hat uns wahnsinnig gut getan unsere Reisemüdigkeit zu überwinden und Kraft zu tanken. Und die Freundschaften, die wir hier geknüpft haben, geben uns viel positive Energie.
Wir machen uns auf den Weg nach Tiflis, dort kommt uns Steffen aus Deutschland besuchen. Den Weg dorthin bestreiten wir per Marschrutka, das Fortbewegungsmittel in Georgien. Das sind Kleinbusse, die erst los fahren, wenn sie voll besetzt sind, die Unterbringung unserer Rucksäcke ist jedes Mal eine Herausforderung. Man muss es einfach so deutlich sagen, der georgische Fahrstil ist einfach die Hölle und jede Fahrt gleicht einer Nahtoderfahrung. Wir haben noch nie so viele Unfälle und demolierte Autos gesehen.
Angekommen in Tiflis dann die nächste Katastrophe, der Schulterriemen meines Rucksacks reißt. Auch darüber rege ich mich nicht groß auf, denke mir nur, auch dieses Mal wieder Glück im Unglück, wenn ich das irgendwie repariert bekomme, dann doch in einer großen Stadt wie Tiflis.
Wir holen Steffen Nachts vom Flughafen ab und machen uns am Vormittag auf zu unserer gebuchten Unterkunft. Wir landen in einem Innenhof und werden von der Nachbarin Ana angesprochen, die in München studiert hat. Tja, es stellt sich heraus, wir sind hier wohl auf einen Betrug hereingefallen, schon öfter irrten hier Touristen herum, die vergeblich nach ihrer Unterkunft gesucht haben. Dank Ana, dem zweiten georgischen Engel, bekommen wir alles geregelt. Sie lädt uns zu sich ein, damit wir uns erstmal sortieren können und setzt Himmel und Hölle in Bewegung, dass wir eine Alternativunterkunft finden. Sie möchte uns zeigen, dass die Georgier freundliche Menschen und keine Betrüger sind. Dank ihres Einsatzes finden wir schnell Ersatz in der Nachbarschaft. Ich frage sie, ob sie eine Schneiderei in der Nähe kennt, zu der ich meinen Rucksack bringen kann. „Kein Problem, meine Mama kann das nähen!“ Es ist so schön, wie sich die Dinge immer wieder fügen, man muss nur Vertrauen in das Leben haben.
Mit Steffen verbringen wir zunächst einige Tage in Tiflis. Nach anfänglichem Großstadtschock gefällt uns Tiflis richtig gut und macht Lust auf mehr.
Dann geht es schließlich in die Berge, genauer gesagt erst in den großen dann in den kleinen Kaukasus. Dort machen wir eine 3-tägige Wanderung, eine absolut einmalige Erfahrung.
Auf dem Weg nach Vardzia passiert dann etwas, wofür wir das Reisen lieben. Durch ein Missverständnis werden wir vom Marschrutka mitten im Nirgendwo rausgelassen.
Es ist dunkel, wir haben nichts mehr zu trinken und zu essen. Mit uns auf der Straße nur ein älterer Herr, der per Schubkarre Lieferungen von der Maschrutka entgegen nimmt. Wir fragen ihn nach einem Supermarkt oder Restaurant, er schüttelt wortlos den Kopf. Wir fragen weiter, ob es wenigstens irgendwo eine Wasserquelle gibt, er bedeutet uns ihm zu folgen. So landen wir schließlich in seinem Garten. Er bietet uns einen Sitzplatz an, füllt unsere Wasserflaschen auf und dann beginnt das große Schweigen. Zu allem Überfluss fängt es jetzt auch noch an zu regnen. Wir sind uns unsicher, ob wir gehen sollen, irgendwie haben wir das Gefühl, etwas passiert hier gleich noch. Wir bekommen Kaffee und Bonbons und werden ins Wohnzimmer gebeten, die Frau und Schwägerin sind nun auch da. Schließlich die rettende Idee, Google Translate! Sie sind begeistert von dem Wunderwerk der Technik und das Eis ist gebrochen. Sie servieren uns Essen und Schnaps und Daniel, Steffen und ich dürfen sogar auf den Couchen im Wohnzimmer übernachten! Am nächsten Morgen erwarten uns schon die Nachbarn, vermutlich gekommen, um die deutschen Touristen zu bestaunen :-). Nicht ohne ein herzhaftes Frühstück verlassen wir schließlich diese tollen Menschen.
Wir reisen mit Steffen noch nach Achalkalaki und Ninotsminda, wo der Großteil der Bevölkerung Armenier sind. Ein wunderbares Fleckchen, das in punkto Gastfreundschaft an die Türkei erinnert. Und wir lernen, dass Trampen auch zu dritt funktioniert :-).
Zurück in Tiflis heißt es Abschied nehmen von unserem Besuch. Lieber Steffen, es war eine super tolle Zeit mit dir. Und mach dir nie mehr Gedanken um dein Karmakonto, das ist voll bis oben!
So langsam werden wir also warm mit Land und Leuten und haben sogar ein Mittel gegen die Grantigkeit gefunden. Was die Türken für uns waren, sind wir nun für die Georgier, wir erdrücken sie einfach mit unserer Freundlichkeit. Und siehe da, die Georgier können sogar lächeln und erweisen sich auf den zweiten Blick dann doch als ganz nett :-). Aber lieben wir das Reisen nicht genau deswegen, um tief in die Kulturen eintauchen zu können? Dafür haben wir in Georgien jetzt genügend Zeit, denn wir beschließen, bis zum nächsten Frühjahr hier zu bleiben. Alles andere macht für uns gerade keinen Sinn, da sich die folgenden Länder leider nicht zum Überwintern eignen und wir sonst für unseren Geschmack viel zu schnell reisen müssten.
Tiflis hat es uns angetan, wie passend, dass wir hier im August ein Workaway-Projekt in einem Hostel mitten in der Altstadt gefunden haben. Seid gespannt, was wir dort erleben!
Liebe Bea, lieber Daniel! Dieses Mal bin ich so geflasht von Euren ersten Wochen in einem neuen Land, dass ich gleichzeitig lachen und weinen muss beim Lesen. Obwohl ich ja schon so viel von Euch durch WhatsApp,Facebook, YouTube und watchbetter – ich drücke die Daumen für noch mehr Abonnenten! – mitbekommen habe, rundet diese Zusammenfassung in Romanformat so schön das bisherig Mitgeteilte ab! Großes Kompliment liebe Bea!
Fühlt Euch beide herzlich gedrückt und alles Gute für Euren neuen Abschnitt! ❤️😘
Vielen lieben Dank für die schönen Worte 😘
Georgien muss man gewöhnen, Ich als Georgierin weiß ganz genau was ihr mit “ruppig” meint. Georgien hat momentan sehr schwierige sozio- politische Situation und Menschen leiden darunter, es ist natürlich schwer zu lächeln. Ich würde empfehlen weiterhin offen zu bleiben , Ihr kriegt bestimmt immer irgendwelche Hilfe wenn Ihr braucht 😌 Ich freue mich auf weitere aufregende Fotos und Vlogs von euch da Georgien ist und mein Heimat bleibt ❤️
Liebe Teona, vielen Dank für deinen Kommentar und all die hilfreichen Tipps, die du uns bislang schon gegeben hast! Wir freuen uns sehr auf alles, was wir hier noch erleben dürfen ❤️
Meine Lieben ❤️ ich bin begeistert von dem schönen Bericht und das es soviele gute Engel gibt die euch den Aufenthalt erleichtern. 😘 Mama
Vielen Dank! Wir sind auch immer wieder erstaunt über all die hilfsbereiten Menschen, die wir auf der Reise treffen 😊
Liebe Bea, das ist echt super, dass ihr Georgien mittlerweile schön findet und dort überwintern wollt. Die Wander-Bilder waren ja auch wirklich toll! Ich bin grade wenig auf Social Media, aber ich lese hier und bei WhatsApp immer fleißig mit 😉 Liebe Grüße, Ramona
Vielen lieben Dank! Social Media ist ja auch ein riesiger Zeitfresser und nach ein paar Tage offline merkt man, dass man eigentlich überhaupt nichts verpasst hat 😆
Voll der schöne Beitrag 😃
Georgien ist echt ein super Land.
Vielen Dank liebe Julia 🤗. Wir sind mittlerweile auch echt zufrieden hier 😊
Liebe Bea,
Das ist wirklich spannend mitzuverfolgen was Ihr für Herausforderungen zu managen habt und Euch dann so lieben Engerl 👼🏼 geschenkt werden, die helfen.
Ich lerne mit Euch, daß es nicht für alles eine Absicherung braucht. Wir Menschen haben uns …. denn das “Nehmen” ist ein “Geben”, wenn die Dankbarkeit zu spüren ist. Das wärmt das Herz von beiden.
Die Fähigkeit “grantige” Menschen mit einem Lächeln zu beschenken ist wunderbar und bitte praktiziert das weiter denn es wird immer eine Reaktion geben und wenn es “nur” in deren Herzen ankommt und einen kleinen Hüpfer auslöst, das arbeitet weiter.
So schön, danke für Euer teilen ☺️🙏🏼🌷☀️
Viel Glück und Freude auf dem weiteren Weg und die folgende Arbeit 🍀
Liebe Grüße an Dich, Bea unbekannterweise und an den lieben Daniel.
Gabi
Vielen lieben Dank Gabi für deinen schönen Kommentar ❤️
Ich reise nun mit euren Berichten lesend weiter 😍 Mein Fernweh ist grad zum Glück still, aber trotzdem freue ich mich über eure Erlebnisse und wünsche euch weiterhin viele tolle Menschen, Erfahrungen und wunderbare Momente.
LG aus Österreich
Ramona
Danke liebe Ramona, du wunderbare Reisefreundin ❤️
Liebe Bea, lieber Daniel, ich find es großartig, dass Ihr Euch habt überzeugen lassen und erleben durftet, dass Menschlichkeir und Nettigkeit manchmal nur etwas Geduld braucht um sich zu zeigen.
Für den neuen Reiseabschnitt, der nun wieder durch Arbeit geprägt sein wird wünsche ich Euch viel Glück und Spaß!!!
Ganz liebe Grüße
Theresa
Vielen lieben Dank! Nettigkeit zeigt sich bei jedem eben anders 😉
Hey ihr beiden,
wieder ein wahnsinns Bericht. Es macht einfach unglaublich viel Spaß euren Trip zu verfolgen und dadurch irgendwie ein Stückchen dabei zu sein.
Vielen lieben Dank dafür und weiterhin nur das Beste für euch.
LG Andi
Vielen Dank, dass du mit dabei bist 🤗