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025-Wandern, Wodka, Wolkenbruch – Willkommen in Armenien!

025-Wandern, Wodka, Wolkenbruch – Willkommen in Armenien!

Unser 8. Reiseland begrüßt uns grau. Zum großen Teil wetterbedingt aber auch sonst ist dem kleinen Land die Vergangenheit als Sowjetstaat anzusehen.

In den Dörfern und Städten findet sich kein Farbklecks, immer wieder sind stillgelegte, riesige, halb verfallene Fabriken zu finden und die Wohnhäuser haben allesamt schon bessere Zeiten gesehen. Die Straßen sind oft katastrophal, von den Autos gar nicht zu sprechen… Ich weiß, hört sich jetzt erstmal gar nicht so toll an. Aber es ist ja nicht das erste Mal, dass ein Reiseland keine Liebe auf den ersten Blick ist.

Die ersten Probenächte im Zelt, nach 5-monatiger Pause, waren uns einfach noch zu kalt also beschließen wir uns erstmal ein günstiges Apartment zu suchen. Wir landen bei Sveta und Nerses in der Provinz Lori und sind gleich mittendrin im armenischen Leben! Wir haben ein eigenes Zimmer mit wahnsinnig gemütlichem kleinen Holzofen, Küche, Bad und Wohnzimmer teilen wir uns. Obwohl wir uns nur mit Google Translate „unterhalten“ können, fühlen wir uns direkt wie Zuhause.

Daniel hilft beim Holz hacken und ich kümmere mich um den Straßenhund, der sich in Svetas Garten versteckt. Die regenfreien Tage nutzen wir um die Provinz Lori zu erkunden, denn womit Armenien wirklich auftrumpfen kann, ist mit seinen Wandermöglichkeiten!

NGOs wie „HikeArmenia“ oder „Trails for Change“ haben hier ein unglaublich gut ausgebautes Wandernetzwerk geschaffen. Es gibt sogar eine kostenlose App für die Trails, die keine Wünsche offen lässt. Außerdem läuft ein Teil des neuen Fernwanderwegs „Transcaucasian Trail“ (TCT) durch Armenien. Der Trail soll in Zukunft durch Georgien, Armenien und Aserbaidschan führen. Hier wird also wahnsinnig viel von Freiwilligen investiert und man muss sagen, dass Armenien sehr viel Potential hat, zum neuen „Geheimtipp“ für Wanderfans zu werden. Eigentlich sollte man ja meinen, dass auch die Regierung ein Interesse daran hätte, Armenien als Wanderland zu promoten und somit mehr Touristen ins Land zu holen, doch den Löwenanteil überlässt man den vielen engagierten Freiwilligen.

Nach 2 Wochen bei Sveta und Nerses ziehen wir weiter in den Nationalpark Dilijan. Dort werden wir erstmal von einem Schneesturm begrüßt. Zum Glück haben wir uns auch hier eine Unterkunft genommen! Auch Dilijan ist ein echtes Wanderparadies, das Wetter schlägt um, wir haben tagsüber T-Shirt Wetter und sind fast jeden Tag unterwegs. Und wir begegnen, wie schon in Lori, so gut wie nie anderen Wanderern!

Nach 1,5 Wochen in Dilijan trauen wir uns endlich wieder ins Zelt umzuziehen und wieder „richtig“ zu reisen.
Dabei hilft, dass Armenien nicht nur mit seinen Wandergebieten auftrumpfen kann, sondern auch mit der wahnsinnigen Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Armenier. Das Trampen ist hier super einfach, wir müssen selten mehr als ein paar Minuten warten. Wir haben das Gefühl, dass die Menschen immer interessiert sind, wenn sie uns sehen (der Tourismus steckt hier eben noch in den Kinderschuhen) und sich freuen, wenn wir versuchen sie mit unseren wenigen Brocken armenisch zu beeindrucken. Eine Armenierin erklärt uns, dass die Armenier auch deshalb so gastfreundlich sind, weil jeder mindestens eine Person in der engeren Familie hat, die im Ausland lebt und arbeitet und sie hoffen, dass ihre Verwandten dort ebenfalls nett aufgenommen werden (es gibt weltweit ca. 10 Millionen Armenier, nur etwa 3 Millionen leben im eigenen Land). Ein schöner Gedanke. Seid also bitte extra nett, wenn ihr in Deutschland einmal auf Armenier treffen solltet :-)!

Zurück im Zelt spielt das Wetter leider nicht so ganz mit, wir haben viel Regen und frieren. Zum Glück gibt es hier überall überdachte Picknickplätze, so dass wir zumindest im Trockenen und etwas windgeschützt kochen und essen können.

Doch es ist ein tolles Gefühl nach einer gefühlten Ewigkeit wieder zu unserem ursprünglichen Reiserhythmus zurückzukehren und sich einfach überraschen zu lassen, was der Tag bringt.
Am dritten Tag packen wir am Morgen durchgefroren und nass unsere Sachen zusammen und scherzen rum. Vielleicht steigen wir ja auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel, dem Sewansee, in ein Auto und der Fahrer sagt: „Ich nehm euch mit in mein warmes Sommerhäuschen am See, klar könnt ihr da schlafen und zum Aufwärmen gibt’s noch einen Wodka!“ (Notiz am Rande: was den Griechen ihr Ouzo, den Georgiern ihr Chacha, ist den Armeniern ihr Wodka.) Der zweite Fahrer bei dem wir an diesem Tag einsteigen ist Armin. Wir fragen wo er hinfährt. Die Antwort: „An den See in mein Sommerhaus.“ :-D. Pass gut auf, was du dir wünscht, in diesem Fall ein gutes Mantra! Zuvor muss er noch in einem auf dem Weg gelegenen Dorf vorbei, Freunde pflanzen dort ein paar Bäume auf seinem anderen Grundstück. Wir lassen uns treiben und sind natürlich dabei. Nach kurzem hin und her werden alle Freunde eingepackt und zu acht geht es Richtung Sommerhaus! Auf dem Weg wird eine Flasche Wodka geköpft, gegen die Kälte versteht sich. Armins Sommerhaus kann sich sehen lassen. Zwar lädt er uns nicht ein dort zu schlafen, aber das ist total ok, wir gehen ein paar Meter weiter zum wunderschönen Sewansee. Danke für diesen lustigen Nachmittag!

Am See werden wir am nächsten Morgen um 6 Uhr vom Lärm der ankommenden Fischer geweckt… Als „Entschädigung“ drückt uns einer eine Tüte mit 4 frisch gefangenen Fischen in die Hand. Wir versuchen zu erklären, dass wir diese leider auf unserem Campingkocher nicht zubereiten können (Grillen kommt wegen des anhaltenden Sauwetters auch nicht in Frage) doch er will die Fische partout nicht zurücknehmen. Also geben wir klein bei. Wir haben an diesem Tag eine ordentliche Strecke vor uns und versuchen jedem, der uns mitnimmt, die Fische zu schenken. Doch die Armenier Geben zwar sehr gerne, nehmen jedoch fast unmöglich etwas an. Irgendwann klappt es zum Glück, ich glaube der Fahrer hat uns unsere Verzweiflung angesehen :-).

Nach einer guten Woche zurück im Zelt erreichen wir schließlich die Hauptstadt Jerewan. In Städten an- und wieder wegzukommen ist immer super stressig. Doch wir haben Glück. Gor und seine Mutter sammeln uns 30 km vor Jerewan ein und bringen uns erstmal zu Gors Büro. Dort können wir das WLAN nutzen um uns in Ruhe eine Unterkunft zu suchen und die beiden sind uns dabei behilflich ein Taxi zu bestellen. Eine völlig entspannte Ankunft in der Hauptstadt.

Jerewan haut uns jetzt nicht unbedingt vom Hocker aber wir nutzen die Zeit hier gut. Wir statten dem Büro von HikeArmenia einen Besuch ab um einfach „Danke“ für die großartige Arbeit zu sagen. Die Mädels freuen sich sehr über unseren Besuch und unser Feedback.

Außerdem haben wir von unserer Spendenaktion für das Tierheim in Georgien noch Geld übrig, also machen wir uns auf die Suche nach einem Tierheim in Armenien. Gleich nach dem Grenzübertritt fällt uns auf, dass es in Armenien erstaunlich wenig Straßenhunde gibt. Wir erfahren bald warum. Straßenhunde werden hier zum größten Teil erschossen… Doch es gibt zum Glück auch hier Menschen, die die Situation der Hunde verbessern wollen und so stoßen wir auf „Pawsitive Rescue“ in Jerewan. Ein privat finanziertes Tierheim mit rund 100 Hunden, das sich um Straßenhunde kümmert. Vor Ort treffen wir auf Artur, der sich zum großen Teil alleine täglich um die Hunde kümmert. Sie haben viel Platz und sehen, soweit wir das auf den ersten Blick beurteilen können, alle gesund und wohlgenährt aus. Wir bringen Hundefutter mit und schmusen natürlich wieder ganz viel.

Nach 3 Tagen in der Hauptstadt geht es für uns nun weiter Richtung Süden, in kleinen Schritten Richtung Iran. Auch wenn es vielleicht nicht danach klingt, ist der Reiseabschnitt gerade relativ ruhig, auch weil wir verhältnismäßig wieder viel für uns sind. Aber das ist auch gut so, denn wir brauchen die Zeit um Vergangenes zu verarbeiten. Und die turbulenten Zeiten kommen ohnehin wieder, ich hab da so ein Gefühl…

11 thoughts on “025-Wandern, Wodka, Wolkenbruch – Willkommen in Armenien!

  1. Hallo Ihr Zwei Lieben!!
    Sehr wunderschön – dieser Bericht!!

    Passt gut auf Euch auf und ja, Bauchgefühl beim Gefahrenabwägen ist sicher sinnvoll!! Strapaziert Eure Schutzengel nicht unnötig!!
    Ganz liebe Grüsse aus Jülich
    Theresa und Stephan

    1. Huhu Ihr zwei Jülicher 🙂
      Danke für den Kommentar Theresa. In ca. 4 Wochen sind wir schlauer, denn dann haben wir eine Entscheidung für den weiteren Verlauf getroffen. Bis dahin genießen wir die fantastische Zeit hier in Armenien 🇦🇲❤️
      Liebe Grüße zurück 🥰

  2. Hallo Ihr lieben Reise-lustigen! 😍
    Die Erzählung zu Armenien ist sehr interessant und Eure Fotos der letzten Wochen sind so schön – da kann ich weiterhin nur sagen, alles richtig gemacht!
    Ich bin froh, dass die Möglichkeit, Euch per Internet zu begleiten, weiterhin besteht und freue mich auf baldige Neuigkeiten!
    Ich wünsche Euch eine schöne Zeit und dass Ihr immer den richtigen Weg findet! Bleibt gesund und passt auf Euch auf! ❤️ 😘
    Alles Liebe Mama Hille

    1. Hallo Mama, danke danke für deinen Kommentar und für dein Mitfiebern. Wir sind jetzt in Goris und haben uns mal ein Hostel gegönnt mit eigener Dusche. Das tut bei dem Regen heute echt mal gut 🙂
      Sei gespannt auf den nächsten Bericht, das nächste große Video (das wird allerdings etwas dauern 😉 und die aktuellen Fotos! Bis baaaaald! Liebe Grüße 😘

  3. Hach….der TCT…..ich muss aufhören eure Reiseberichte zu lesen. Sonst schmeiß ich bald wieder alles hin…..
    Nein, ernsthaft, ich genieße es immer noch sehr tagzuträumen während ich eure Geschichten lese und online die Bilder verfolge. Es bleibt spannend, recht habt ihr.

    Liebe Grüße
    Ramona

    1. Es freut uns sehr, dass du uns immer noch auf unserer Reise begleitest. Und umso schöner, dass wir dir die ein oder andere Inspiration für zukünftige Reisen geben können ❤️

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