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033 – Indien und eine unerwartete Wendung

033 – Indien und eine unerwartete Wendung

Indien ist genau so, wie alle sagen. Laut, dreckig, voll von Menschen, Tieren und Gerüchen und man sieht Dinge, auf die man gut verzichten könnte. Und obwohl wir das alles wussten, trifft uns Indien wie ein Faustschlag ins Gesicht.

Wir verbringen ein paar Tage in der Grenzstadt Amritsar um uns ein wenig an Reiseland Nr. 11 zu gewöhnen. Das fällt uns jedoch schwer und jedes Mal wenn wir unsere Unterkunft verlassen, schießt der Puls in die Höhe. Hupen scheint Indiens Volkssport Nr. 1 zu sein und uns schmerzen wirklich die Ohren. Überall wuselt es von Menschen, Kühen, Hunden, Affen etc. und man findet nie ein ruhiges Plätzchen. Auch mit den Indern kommen wir nur schwer klar. Wir laufen hier mit Scheuklappen durch die Gegend und ignorieren jeden, der uns anspricht. Überhaupt nicht die Art, wie wir gerne reisen. Doch es ist leider nötig, weil sich in den seltensten Fällen jemanden einfach nur unterhalten will. Immer will uns jemand etwas andrehen oder fragt uns nach Geld. Wir fühlen uns unsicher und sind jedes Mal froh, wenn wir wieder in unserer Unterkunft sind.

Als nächstes Ziel suchen wir uns die heilige Stadt Pushkar aus. Eine Kleinstadt, in der es ruhiger zugeht, so hoffen wir. Mir graut vor unserer ersten indischen Busfahrt im Schlafbus doch die entpuppt sich als ziemlich komfortabel.

Pushkar ist tatsächlich ganz hübsch, wäre es nicht gänzlich überlaufen und für unseren Geschmack viel zu touristisch. Doch da wir eine ganz passable Unterkunft finden, bei der wir unser Zelt im Garten aufschlagen dürfen, bleiben wir 10 Tage. Wir haben keine Energie um weiterzuziehen, Indien ist anstrengend. Ganz zufällig treffen wir Xavier und Petra wieder, die wir in Georgien kennengelernt haben und die ihren Van nun bei der gleichen Unterkunft geparkt haben wie wir! Wie klein diese Reisewelt ist!

In Pushkar steht einer der wenigen Brahmatempel in Indien, die Stadt ist deshalb auch bei Pilgern beliebt. Und so bekommen wir einen ersten Eindruck von der Religion und Kultur des Landes. Und auch das überfordert uns ein wenig. Zum religiösen Fest werden beispielsweise kleine Figürchen aus Kuhkacke gebastelt, vor die Haustür gelegt und mit Blumen und Kerzen verziert.

Daniels erste Magenverstimmung lässt auch nicht lange auf sich warten und er muss sich einige Tage von trockenem Reis ernähren. „Delhi-Belly“ nennt man hier die für Touristen üblichen Magenprobleme, die aufgrund der mangelnden Hygiene so gut wie jeden irgendwann treffen.
Und dann ist auch noch Diwali, ein Fest, das ungefähr mit Weihnachten und Neujahr zu vergleichen ist. Die Inder mögen es ja laut, also wird geböllert, was das Zeug hält. 48 Stunden gibt es durchgängig Feuerwerk und zwar die Sorte, die bei uns in Deutschland längst verboten ist. Wir haben nun einen Eindruck, wie es wohl in einem Kriegsgebiet klingen mag, die Erde bebt zwischendurch immer mal wieder. Einfach nur irre. On top beginnt in Pushkar der Kamelmarkt, eine der weltweit größten Viehmessen, was natürlich noch mehr Menschen anzieht.

Wir haben schließlich ein neues Ziel gefunden und fahren weiter nach Bundi, wo es uns zum ersten Mal in Indien ganz gut gefällt. Es gibt wenig Sehenswürdigkeiten hier, deshalb auch weniger Menschen und wir haben den Eindruck, dass die Menschen hier ehrlich interessiert und hilfsbereit sind. Wir können durch die kleinen Gassen schlendern, ohne dass uns ständig jemand etwas verkaufen will. Die Chefin unseres Stammlokals lädt uns zum Familienfest ein. Babys erster Haarschnitt wird gefeiert, da sind wir natürlich dabei! Super spannend für uns und wir sind natürlich die Attraktion der Feier :-).

Und dann passiert etwas, das nicht nur unser Leben aus der Bahn wirft. Ein enges Familienmitglied wird sehr krank. Auf so einen Fall kann man sich nicht vorbereiten oder vor einer Reise planen, was zu tun ist. Wir hadern tagelang mit uns, doch irgendwann ist klar, dass wir das tun, was wir eigentlich nie wollten. In ein Flugzeug zurück nach Deutschland steigen. Es wäre einfach nicht möglich gewesen, weiter fröhlich durch Indien zu reisen, während man sich so viele Sorgen macht und so weit weg ist. Gleichzeitig ist es nach fast 3 Jahren Reise keine leichte Entscheidung, zieht uns doch sonst eigentlich nichts zurück nach Deutschland. Wir reisen ja auch bewusst langsam und jetzt in ein Flugzeug setzen und in ein paar Stunden zurück? Irgendwie kein schönes Gefühl. Doch wir tun es. Für uns, um unsere Reise auch wieder fortsetzen zu können. Denn fühlt es sich Anfangs wie ein Abbruch der Reise an, begreifen wir schnell, dass es einfach Teil unserer Reise ist. Reiseland Nr. 12 ist also Deutschland!

Die Zeit in Deutschland ist zunächst übefordernd. Das Überangebot in den Supermärkten lässt uns staunen. Und alles ist so sauber und geordnet! Die Menschen so distanziert, niemand kommt einem zu Nahe. Man hat alles immer verfügbar, sei es heißes Wasser, Trinkwasser, Lebensmittel jeglicher Couleur, eine funktionierende Müllabfuhr… Und sobald eine Kleinigkeit mal nicht funktioniert, wird sich lautstark beschwert. Und wehe, jemand bricht die Regeln, stellt sein Fahrrad z.B. ungünstig ab!
Wir machen das Beste aus der Zeit, treffen einige Freunde und Familie. Alles jedoch sehr dosiert, denn der Grund der Rückkehr ist nunmal leider kein erfreulicher.

Wir buchen zunächst keinen Rückflug, wollen uns erst einmal die Situation Zuhause anschauen. Und da wir uns jetzt ohnehin in ein Flugzeug setzen müssen, müssten wir ja auch nicht zwingend wieder nach Indien, sondern könnten theoretisch überall auf der Welt hinfliegen. Indien hat bei uns ja nun wirklich keinen besonders guten Eindruck hinterlassen. Doch irgendwie fühlt es sich nicht richtig an, die Reise woanders fortzusetzen. Indien ist ein riesen Land und wir wollen dem ganzen nochmal eine Chance geben. Deshalb entscheiden wir uns nach 4 Wochen in Deutschland nach Mumbai zurückzufliegen. Und so stehen wir, wie zum Start unserer Reise damals, wieder am ZOB in München und steigen in den Flixbus. Am gleichen Gleis, in den gleichen Bus Richtung Kroatien. Dieses Mal steigen wir aber schon in Salzburg aus, von wo aus unser Flug geht :-).

Indien 2.0, wir sind gespannt!

19 thoughts on “033 – Indien und eine unerwartete Wendung

  1. Hallo meine lieben 🥰 danke für die schöne Zeit die ich mit euch verbringen durfte. Ihr habt mit eurer Entscheidung zu kommen einen wesentlichen Beitrag zu meiner Genesung beigetragen.danke ❤️ Mama

    1. Der Anlass war kein schöner zurückzukommen und gleichzeitig haben wir das Beste draus gemacht. Ich hoffe Du vermisst mein Brot nicht zu sehr?! 🙂

  2. Guten Morgen Ihr Lieben! 🤗
    Bea, Du schreibst sehr berührend und schön! ❤️
    Eure Zeit in Deutschland war ziemlich genau im Advent und so hoffe ich, dass das für uns alle ein gutes Zugehen auf die Zukunft ist, und dass diese viel Schönes für Euch bereithält und vor allem Allen Gesundheit bringt! 😘

  3. Ich habt das ziemlich gut verschwiegen 😅 recht habt ihr. Guten Start in 2.0 …. Der Anfang klingt wie ich mir Indien vorstelle. Aber es gibt überall einen Wohlfühlort. Man muss ihn nur finden.
    Guten Rutsch ins nächste Jahr

  4. Wie schön, daß ihr da wart und somit etwas Heilung gebracht habt. Da sehen wir wieder, wie mächtig wir sind. 🥰und wir mächtig die Liebe ist.
    Auch schön mit gutem Gewissen wieder neu zu starten oder wie du schriebst Reiseland 11 zu verlassen.
    Ich hab mir von Indien mehr erwartet und bin irgendwie froh daß ihr es noch nicht aufgebt. Ich wünsche Euch daß ihr noch schöne spirituelle Erfahrungen machen dürft.
    Liebe Grüße und einen tollen Start in ein wundervolles für ALLE gesundes 🍀friedlvolles 🕊️und liebevolles ❤️neues Jahr 2025.
    Gabi

    1. Vielen lieben Dank Gabi ❤️. Wir sind wahnsinnig froh, Indien noch eine Chance gegeben zu haben. So viel sei schon mal verraten. Es bleibt herausfordernd, aber haben schon so viele liebe Menschen getroffen 🤗

  5. Wieder mal ein wunderschöner Beitrag. Ich finde es mutig und stark von Euch, dass Ihr Indien nach den ersten negativen Erlebnissen noch eine 2. Chance gebt. Liebe Grüße aus Bangkok. Ursprünglich war ja Singapur angepeilt, aber was macht man nicht alles für die Frauen. Übermorgen geht’s dann mit dem Flieger nach Seoul.
    Für Euren Familien weiterhin nur das Beste.

  6. Liebe Bea,
    Ich habe erst gerade Eure Nachrichten aus dem Dezember entdeckt und bin sehr betroffen. Ich hoffe, es geht Eurem Familienmitglied besser und ihr könnt beruhigt weiter reisen.
    Ich wünsche Euch sehr, dass Indien euch die andere, positive Seite nun zeigen kann. Alles Liebe aus Aachen auch an Daniel
    Agnes

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